Beschleunigungserlass

Worum geht's?

Mit einer Änderung des Energiegesetzes sollen die Planungs- und Bewilligungsverfahren für Wasser-, Solar- und Windkraftwerke gestrafft werden. Damit soll der inländische Kraftwerkbau forciert und die Versorgungssicherheit im Winter gestärkt werden.

Relevanz für die Wasserkraft

Langjährige Verfahren und fehlende Planungssicherheit stellen für Betreiber und Investoren von Wasserkraftanlagen eine grosse Herausforderung dar. Verzögerungen sind oft mit hohen Zusatzkosten verbunden. Obwohl Wasserkraftbetreiber in konkreten Projekten oft konstruktiv mit den Natur- und Umweltschutzorganisationen zusammenarbeiten und gesetzliche Mindestanforderungen in Bezug auf Kompensationsmassnahmen praktisch immer übertreffen, können Einsprachen von kleinen Verbänden mehrheitsfähige Projekte um viele Jahre oder gar Jahrzehnte verzögern. Um die im Stromgesetz festgeschriebenen Ausbauziele der Wasserkraft zu erreichen, gilt es jedoch konstruktiv zusammenzuarbeiten und ideologische Blockadehaltungen abzulegen.

Beratung im Parlament

Der Nationalrat hat die Vorlage in der Wintersession 2023 erstmals beraten. Die Forderung aus den Reihen der SVP und grossen Teilen der FDP, in der gleichen Vorlage zusätzlich das KKW-Neubauverbot aus dem Gesetz zu streichen, scheiterte mit 101 zu 90 Stimmen. Ein weiteres heisses Eisen war die Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts bei Projekten von nationalem Interesse. Eine starke Minderheit, die in der Kommission von der SWV-Präsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher angeführt wurde, wollte das Beschwerderecht auf Organisationen mit mehr als 50‘000 Mitgliedern oder max. drei Organisationen, die zusammen mehr als 50‘000 Mitglieder haben, beschränken. Nach einer intensiven Debatte wurde dieser Vorschlag mit 96 zu 94 Stimmen knapp abgelehnt. Dieses knappe Resultat zeigt, dass im Bereich des Verbandsbeschwerderechts Diskussions- und Handlungsbedarf besteht. Bestärkt wird dieser Eindruck durch die kürzlich eingereichte Beschwerde von Aqua Viva und dem Grimselverein gegen das Trift-Projekt (Kommentar des SWV zur Trift)

 

Die Umweltkommission des Ständerats hat das Geschäft ab Frühling 2024 beraten und folgende Beschlüsse in Bezug auf die Wasserkraft gefasst:

  • Ausschluss des Verbandsbeschwerderechts für die 16 Projekte des Runden Tisches Wasserkraft (7:3:1)
  • Festhalten am zweistufigen Verfahren für Wasserkraftanlagen (Konzession und Baubewilligung)
  • Verzicht auf Nutzungsplanung für WKA (7:3)
  • Erweiterungen sollen mittels Zusatzkonzession erfolgen können, welche die laufende Konzession der Anlage nicht beeinflussen (9:3)

 

Der Ständerat hat das Geschäft in der Wintersession 2024 beraten. Er hat mit 28:15 Stimmen beschlossen, Verbandsbeschwerden für die 16 Wasserkraft-Projekte des Runden Tisches auszuschliessen. Auch bei den anderen Verbesserungen für die Wasserkraft ist er weitestgehend seiner vorberatenden Kommission gefolgt und hat sich damit stark für die Wasserkraft eingesetzt. (Medienmitteilung)

 

Die Umweltkommission des Nationalrates hat sich im Frühling 2025 zum zweiten Mal mit der Vorlage beschäftigt und ist in vielen Punkten weniger weit gegangen als der Ständerat. Insbesondere die Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts war in der Kommission umstritten und es wurden verschiedene neue Varianten / Kompromissvorschläge eingebracht:

  • Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts gegen die 16 Projekte, analog dem Beschluss des Ständerates (13:12)
  • Beschwerden gegen die 16 Projekte aus dem Anhang des StromVG sollen nur noch möglich sein, wenn sie von drei Organisationen gemeinsam eingereicht wurden (15:9:1)
  • Eine gemeinsame Beschwerde von drei Organisationen soll nicht nur bei ausgewählten Wasserkraft-Projekten sondern bei allen Beschwerden gegen Projekte zu erneuerbaren Energien (auch Solar und Wind) von nationalem Interesse erforderlich sein (7:17)
  • Eine Beschwerde soll nur dann zugelassen sein, wenn drei Organisationen insgesamt mehr als 50'000 Aktivmitglieder haben (6:14:4)

Auch in Bezug auf die Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen schlägt die Kommission im Vergleich zum Ständerat mit 14:11 Stimmen eine abgeschwächte Variante vor. Es soll möglich sein, die Umsetzung dieser Massnahmen und der zusätzlichen Ausgleichsmassnahmen vom Bauprojekt zu trennen, wenn die Verantwortlichen beim Kanton eine Sicherheitszahlung leisten. Sie haben dann zwei Jahre Zeit, um die Massnahmen umzusetzen. Tun sie dies nicht, verwendet der Kanton die Sicherheitsleistung zu diesem Zweck. Die Sicherheitsleistung soll mindestens das eineinhalbfache der voraussichtlichen Kosten der Massnahmen betragen. Dieses Konzept soll auf die 16 Projekte Anwendung finden. Eine Minderheit lehnt sowohl den Beschluss des Ständerates als auch das Konzept der Mehrheit der UREK-N ab. (Medienmitteilung)

 

Der Nationalrat hat in der ersten Woche der Frühlingssession 2025 folgende Entscheidungen gefällt:

  • Kein Vetorecht für Standortgemeinden beim kantonalen Plangenehmigungsverfahren für Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse (104:92:4)
  • Erfordernis einer gemeinsamen Beschwerde von drei Organisationen gegen Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energien (Wasser, Solar und Wind) von nationalem Interesse (105:92:1)
  • Wasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von max. 10 MW bedürfen keiner Grundlage im Richtplan (131:65:1)
  • Wasserkraftwerke und ihre Erschliessungsanlagen bedürfen keiner Grundlage in einem Nutzungsplan (133:65)
  • Erleichterungen in Bezug auf die Zusatzkonzessionen (anstelle von Neukonzessionen) für die 16 Projekte aus dem Anhang des StromVG (133:65)
  • Möglichkeit der Trennung der Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen vom Bauprojekt bei den 16 Projekten, wenn die Verantwortlichen beim Kanton eine Sicherheitszahlung von mind. dem Eineinhalbfachen der voraussichtlichen Kosten für die Ersatz- oder Ausgleichsmassnahmen leisten. Falls der Gesuchsteller zwei Jahre nach Abschluss des Bauvorhabens keine Ersatz- oder Ausgleichsmassnahmen vorgelegt hat, verwendet der Kanton den Betrag für die Realisierung der Massnahmen sowie zur Deckung der entstandenen Personalkosten (107:91)
  • Erfordernis einer gemeinsamen Beschwerde von drei Organisationen gegen die 16 Projekte aus dem Anhang des StromVG (134:64)
  • Annahme in der Gesamtabstimmung (130:65:2)

     

→ Hier geht's zur Medienmitteilung der Nationalratsdebatte.

→ Hier geht's zur Medienmitteilung zur weiteren Beratung des Geschäfts.

→ Hier geht's zur Fahne nach den Beschlüssen des Nationalrats. 

 

Die Umweltkommission des Ständerates wird sich am 31.03. - 01.04.2025 und am 02.05.2025 (Anhörungen) mit den Differenzen befassen.

 

Position SWV

Der SWV setzt sich für die Beschleunigung von Verfahren ein. Die oftmals stark schutzdominierte Interessenabwägung und lange Verfahren verzögern den von Volk und Politik beschlossenen Ausbau der Schweizer Wasserkraft. Das Verbandsbeschwerderecht ist dahingehend zu demokratisieren, dass es kein Vehikel für Kleinstverbände mehr sein soll, um mehrheitsfähige und demokratisch legitimierte Wasserkraftprojekte aus Gründen reiner Fundamentalopposition über Jahre verzögern zu können.

In Bezug auf die konzentrierten Plangenehmigungsverfahren spricht sich der SWV dafür aus, dass zwei- oder mehrstufige Verfahren möglich sein sollen, um Verfahrensflexibilität zu erhöhen und Wahlfreiheit zu gewährleisten.

Weitere Informationen

  • Parlament: Übersicht zum Geschäft (23.051)
  • Bundesamt: Beschleunigungsvorlage erneuerbare Energien (ARE)